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Purpose-Management – Cui bono?



Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise. Die Sorgen reißen nicht ab und das Bedürfnis nach Stabilität und mehr Sinn im Leben wird immer wichtiger. Das gilt aber nicht nur für uns Menschen, auch Unternehmen sind gefordert, nicht nur auf die multiplen Krisen zu reagieren und ihre Betriebe in sichere Gewässer zu navigieren, sondern sich zusätzlich mit dem Sinn, dem sogenannten Purpose ihres Unternehmens zu beschäftigen.

Wofür steht mein Unternehmen? Für welche Ziele und Werte? Werden diese auch im Alltag gelebt? Immer mehr Betriebe erkennen, wie wichtig es ist, darauf eine Antwort zu haben und nicht nur in eine "Profit-only"-Mentalität zu verfallen.


Jobbewerber fragen danach, aber auch Investoren und alle anderen Stakeholder interessieren sich zunehmend für das große Ganze. Und das große Ganze geht weit über die Nachhaltigkeitskriterien (ESG-Kriterien) hinaus. Für das Unternehmen geht es neben dem großen Ganzen auch um die Glaubwürdigkeit und Kaufkraft der Millennials, denn diese Generation verlangt glaubhafte Argumente und sinnvolle Produkte – als Konsumenten wie auch am Arbeitsmarkt.


Konzerne wie Unilever, Blackrock oder Microsoft beschäftigen sich seit Jahren mit dem Sinn-Thema und Berater wie die Boston Consulting Group haben mit Brighthouse eigene Firmen gegründet, die Unternehmen unterstützen und den Wert des „Purpose“ in Zahlen gießen. Aber auch in der Gesellschaft ist das Thema allgegenwärtig. So wird hierzulande beispielsweise lautstark der Sinn des Lobautunnels hinterfragt, der unterhalb eines Naturschutzgebietes verlaufen soll, um noch mehr Autos von A nach B zu befördern oder die Seilbahnverbindung zweier Gletscher in Tirol diskutiert, die noch mehr Touristen auf Berge bringen sollen, auf denen sie in Wahrheit wenig verloren haben. Cui bono?

Um den Sinn für alle im Betrieb greifbar zu machen, braucht es eine historische und eine zukunftsorientierte Perspektive. Die historische ist tendenziell zeitlos und fragt nach dem Warum: Zu welchem Zweck wurde unser Unternehmen gegründet? Was ist unsere DNA? Was macht uns aus? Die zukunftsorientiert fragt: Welchen Beitrag leisten wir in unserer Branche und der Welt? Was können wir auf einzigartige Weise? Wohin entwickelt sich die Welt und was haben wir damit zu tun?


Das Warum gibt es in der Arbeitswelt seit jeher und die Sicherung des Lebensunterhaltes als Antwort war lange Zeit auch genug. Doch je wohlhabender die Gesellschaft wird, umso wichtiger wird die sinnstiftende Wirkung der Arbeit. Familienunternehmen besitzen seit jeher „Sinn“, sprechen aber lieber von Werten, Traditionen und Kultur.


Familienbetriebe die seit mehreren Generationen bestehen haben es leichter, denn der Name ist Programm - ihr Sinn ist es, die Substanz zu erhalten, bestenfalls zu vergrößern und an die nächste Generation zu übergeben. Familienunternehmen übernehmen zudem stärker Verantwortung für ihre Mitarbeiter. Das wird nicht nur gepredigt, meist auch gelebt und vielfach auch zelebriert. Familienunternehmen schielen überdies weniger auf den kurzfristigen Profit, sind sozialer, regional verwurzelt und krisensicherer. Mehr Sinn kann es kaum geben.


Doch nicht immer ist dieser Sinn bei Familienunternehmen sichtbar. Das liegt möglicherweise daran, dass Familienunternehmer in Sachen Selbstdarstellung eher zur Zurückhaltung neigen. Doch die Sichtbarkeit dieser Stärken der Familienbetriebe wird immer wichtiger. Vor allem im so heiß umkämpften Wettbewerb um Fachkräfte entscheiden die weichen Faktoren immer mehr. Familienunternehmen vertreten ihr Unternehmen und ihre Produkte aus tiefster Überzeugung – und das oft schon seit Jahrzehnten. Damit können sie bei jungen Talenten enorm punkten, denn die sinnsuchenden Millennials haben eine feine Sensorik dafür.


Im Familienunternehmen ist das Purpose-Management wohl am besten beim Firmenchef aufgehoben. Vor allem er und seine langjährigen Mitarbeiter und können dem Betrieb einen „Sinn“ geben. Je nach Organisationsform der Firma, kann es auch ein Paradethema für den Aufsichtsrat, den Beirat oder diverse Syndikatsmitglieder einzelner Familienzweige.


Der vielleicht größte Fehler, den ein Unternehmen machen kann, ist, sich überhaupt keine Gedanken über seine Vision, Mission und seinen Sinn zu machen. Früher oder später holt die Frage nach den übergeordneten Zielen, dem höheren Sinn es ein. Die Zeiten, in denen Unternehmen sich ein Leitbild nur ob es progressiven Anstrichs geben sind vorbei. Ziele und Werte müssen gelebt werden. Cui bono hat Cicero 80 v.Chr. erstmals gefragt. Würdigen wir ihn, indem wir uns das auch etwas öfters fragen.

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