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Die Erfolgsfaktoren eines erfolgreichen Generationswechsels – der Versuch einer Aufzählung

  • aoffner
  • 22. Mai
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 25. Mai


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Letzte Woche durfte ich einen Vortrag zum Thema Generationswechsel im Familienunternehmen vor einem überwiegend jungen Publikum halten. Eine Teilnehmerin wollte dabei eine einfache Antwort auf eine sehr komplexe Frage, nämlich wie DIE fünf Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Übernahme lauten. Diese Antwort konnte ich ihr in dieser Form leider nicht geben.

 

DIE fünf Erfolgsfaktoren, die eine erfolgreiche Übernahme garantieren gibt es nämlich genauso wenig, wie DIE fünf Erfolgsfaktoren die eine glückliche Ehe oder eine perfekte Sommerfigur garantieren oder dafür, endlich Millionär zu werden. Auch wenn sich Bücher mit entsprechenden Titeln durchaus gut verkaufen lassen.

 

Schade eigentlich. Aber warum ist das so? Jede Familie ist anders und deshalb auch jedes Familienunternehmen. Die Lösung für Betrieb A kann man nicht einfach auf Betrieb B überstülpen. Jede Familie hat andere Voraussetzungen und andere Herausforderungen oder, wie Leo Tolstoi es in seinem Meisterwerk Anna Karenina schon ganz am Anfang so treffend schreibt: „Alle glücklichen Familien gleichen einander. Jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich“.

 

Dennoch hat mich unsere Diskussion dazu inspiriert, drüber nachzudenken, was erfolgreiche Übergaben eventuell gemeinsam haben. Hier also der Versuch, einer Aufzählung:



  1. Früh genug beginnen


Eine frühzeitige Planung der Unternehmensnachfolge ist entscheidend für einen erfolgreichen Übergang. 

Ein detaillierter Zeitplan hilft, den Übergangsprozess strukturiert zu gestalten und alle wichtigen Schritte zu berücksichtigen. Dadurch können auch familieninterne Konflikte frühzeitig erkannt und im besten Fall gelöst werden.

In der Literatur liest man häufig über eine Vorbereitungszeit von mindestens 5 bis 10 Jahren. Doch in der Regel beginnen die Gedanken der Übergabe mit dem Zeitpunkt, wo die Familienunternehmer selbst Eltern werden – die nächste Generation also geboren wird. Ab diesem Zeitpunkt schwingt das Thema Betriebsnachfolge immer latent mit - in der Erziehung, bei der Auswahl der Schulen und Ausbildungswege und dabei, die kommende Generation an Leadern heranzuziehen. Daraus ergibt sich zwangsläufig der nächste Punkt.


 

2.     Die Nachfolger auf die Rollen vorbereiten


Eine frühzeitige Vorbereitung auf den Generationswechsel ermöglicht auch den Nachfolgern, sich auf ihre Rolle vorzubereiten und zu reflektieren, ob sie dafür überhaupt zur Verfügung stehen möchten. Sowohl die fachliche als auch die persönliche Entwicklung der potenziellen Nachfolger sollte rechtzeitig gefördert werden.

Unternehmer sollten bereits im Kindesalter gezielt Gelegenheiten schaffen, damit ihre Kinder Kontakt zum Unternehmen bekommen – gewissermaßen den sprichwörtlichen „Stallgeruch“ aufnehmen. Dies lässt sich ganz natürlich und spielerisch gestalten, indem man die Kinder gelegentlich mit in den Betrieb nimmt, ihnen verschiedene Unternehmensbereiche zeigt und ihnen erlaubt, ihre eigene Neugier zu entfalten. Wenn sie älter werden, bieten sich Ferienjobs oder Praktika an, um erste eigene Erfahrungen im Arbeitsalltag zu ermöglichen. So entsteht eine frühe emotionale Bindung – eine wichtige Grundlage für jedes Nachfolgeinteresse.

Nach Ausbildung oder Studium sollten junge Menschen die Freiheit haben, eigene Wege zu gehen, sich beruflich auszuprobieren und außerhalb des Familienunternehmens Erfahrungen zu sammeln. Ideal wären natürlich Branchenkollegen, Verbandsmitglieder, Lieferanten oder Kunden. Dort können sie Einblicke gewinnen, neues Wissen aufsaugen und sich unter realen Bedingungen beweisen. All das bringt frische Impulse – und wenn sie zurückkommen, profitieren auch Betrieb und Familie. Der Nachwuchs tritt dann mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein auf, wenn er in fremden Betrieben Erfahrung sammeln konnte. Zudem dürfte die Akzeptanz der Mitarbeiter höher sein, wenn sich herumspricht, mit welcher Verantwortung zukünftige Entscheidungsträger bereits tätig gewesen sind.

Zuletzt können Eltern auch einiges dazu beitragen, dass ihre Kinder Leadership-Fähigkeiten erwerben.

Siehe dazu meinen eigenen Blogbeitrag: Ist der Nachwuchs überhaupt geeignet (https://www.annaoffner.at/post/ist-der-nachwuchs-%C3%BCberhaupt-geeignet)

 


  1. Transparenz innerhalb der Eigentümerfamilie- keine Geheimnisse - keine Überraschungen - Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation


Eine Unternehmensnachfolge ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein Prozess – und dieser Prozess lebt von der Qualität der Kommunikation. Wer auf offene Gespräche, klare Erwartungen und gemeinsames Verständnis setzt, legt das Fundament für eine stabile Übergabe und für intakte Familienbeziehungen danach. Viele Unternehmer sprechen wichtige Entscheidungen oder Nachfolgeabsichten über Jahre hinweg nicht offen an. Doch Schweigen erzeugt Unsicherheit und Unsicherheit führt zu Misstrauen. Vertrauen entsteht aber durch Klarheit. Familienmitglieder, insbesondere potenzielle Nachfolger brauchen Orientierung. Nur wenn sie wissen, was geplant ist, können sie sich bewusst für oder gegen eine Rolle im Unternehmen entscheiden.

Zudem fühlen sich die Nachfolger ernst genommen, wenn sie rechtzeitig einbezogen werden. Unterschiedliche Sichtweisen können damit ausgetauscht und realistische Erwartungen diskutiert werden bevor Konflikte entstehen. „Heimlich“ getroffene Entscheidungen – z. B. über Nachfolger, Anteile oder neue Rollen – führen häufig zu Verletzungen und Frustration. Überraschungen bei der Testamentseröffnung oder beim Betriebsübergabevertrag sind ein sicheres Rezept für familiäre Konflikte. Transparenz bedeutet nicht, jedes Detail in jeder Situation zu teilen. Es bedeutet, regelmäßig, ehrlich und mit offenem Ohr miteinander zu sprechen. Familienkonferenzen, externe Moderation oder ein Familienprotokoll können dafür hilfreiche Formate sein.



4.     Frühzeitig die eigene Zukunft planen – Loslassen lernen


Der Generationswechsel ist nicht nur ein wirtschaftlicher und organisatorischer Prozess – er ist vor allem ein emotionaler. Für die scheidenden Unternehmer bedeutet es, sich von einem Lebenswerk zu trennen. Genau hier liegt eine der größten Herausforderungen: das Loslassen. Wer loslässt, ermöglicht Neues. Nur wenn die Übergeber bereit sind, Kontrolle abzugeben, kann die nächste Generation Verantwortung übernehmen. Permanente Einmischung oder das Festhalten an alten Strukturen blockieren Innovation, Motivation und Führungsautorität der Nachfolger. Loslassen heißt nicht, sich zu entziehen – sondern eine neue Rolle zu finden: die des Ermöglichers, Unterstützers, vielleicht Mentors.  Viele Unternehmer unterschätzen, wie sehr sie sich mit ihrem Unternehmen identifizieren. Plötzlich „nicht mehr gebraucht zu werden“, kann zu einer persönlichen Krise führen. Umso wichtiger ist es, die Zeit danach aktiv zu gestalten – sei es mit einem neuen Projekt, ehrenamtlichem Engagement oder persönlichen Interessen, Hobbies, Freunde und Familie, die bislang zu kurz kamen. Das schon während der Übergabephase gemeinsam mit einem Coach zu reflektieren und planen ist hilfreich.

Siehe dazu mein Blog: Die Kunst des Loslassens (https://www.annaoffner.at/post/die-kunst-des-loslassens)

 


5.     Beratung zulassen


Auch (oder gerade) im Familienunternehmen gilt: Man muss nicht alles allein entscheiden. Neben Rechtsanwälten, Notaren und Steuerberatern ist die Rolle eines erfahrenen Coaches essentiell für den Ausgang des Übergabeprozesses. Die Komplexität von Nachfolgeprozessen, verbunden mit familiären Dynamiken, macht diese Unterstützung nicht nur hilfreich, sondern entscheidend. Die Öffnung für externe Beratung ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Weitsicht. Wer bereit ist, sich begleiten zu lassen, erhöht die Wahrscheinlichkeit einer strukturierten, fairen und zukunftsfähigen Übergabe. Zudem schafft gute Beratung Übersicht: Wer ist wofür zuständig? Welche Schritte sind wann zu setzen? Welche rechtlichen, steuerlichen und emotionalen Themen müssen geklärt werden? Der Übergabeprozess ist häufig mit unausgesprochenen Erwartungen, alten Verletzungen oder Loyalitätskonflikten verbunden. Ein neutraler Dritter kann Spannungen frühzeitig erkennen und moderieren, bevor sie eskalieren und so zum Friedensstifter im besten Sinne werden.

Und nicht zuletzt haben Entscheidungen, die unter externer Begleitung getroffen werden, oft eine höhere Akzeptanz in der Familie. Sie wirken objektiver, nachvollziehbarer und sind weniger angreifbar als interne Alleingänge.

 

 

Diese Aufzählung ist natürlich weder taxativ, noch allgemeingültig. Bei jenen Familienunternehmen, die ich bei ihrer Übergabe begleiten darf, sind es aber jedenfalls aus meiner Erfahrung Faktoren, die einen Löwenanteil am Weg zum Erfolg ausmachen.


Ich komme selbst aus einem Familienunternehmen, das seit 1755 von einer Generation an die nächste übergeben wird. In unserem Betrieb hat der Generationswechsel von meinen Eltern auf mich und meine drei Geschwister bereits erfolgreich stattgefunden. Ein Prozess, der sich über viele Jahre gezogen hat. Als Autorin schreibe ich seit 2012 Bücher für Familienunternehmen und bekomme tiefe Einblicke in Familien und ihre Betriebe. Zudem habe ich an der Coaching Akademie Berlin die Ausbildung zum systemischen Personal- und Businesscoach absolviert und mich dabei Lösungsansätzen beim Generationswechsel und der Nachfolge gewidmet. Seit dem begleite ich Familienunternehmer bei der Übergabe von einer Generation an die nächste.


 
 
 

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