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  • aoffner

Schöne neue Arbeitswelt und die Rolle der Eigentümer




Familienunternehmen verfügen aufgrund ihrer Eigentümer und ihrer Geschichte über eine andere Struktur und Kultur als größere Organisationen. Die Führungskontinuität der Familie ist fest in

der Unternehmenskultur verankert. Die operative Unternehmensführung im inhabergeführten Familienbetrieb ist auf allen Ebenen meist unmittelbarer, die Kommunikation läuft direkter, oft ohne Umwege und Entscheidungen können schnell getroffen werden.


Die Unternehmenskultur ist eng mit der Persönlichkeit des Eigentümers verknüpft. Oft findet man einen ganz eigenen Führungsstil – autoritär, gleichzeitig aber von Werten, hoher Wertschätzung, sozialer Verantwortung und Ehrlichkeit geprägt. Die Mitarbeiter identifizieren sich häufig überdurchschnittlich stark mit dem Unternehmen und seinen Eigentümern. Nicht selten sind über Jahrzehnte tiefe Vertrauensverhältnisse zwischen Eigentümer und Mitarbeitern entstanden. Die Mitarbeiter haben sich an die Strukturen gewöhnt, sie wissen, womit sie rechnen können und auch, womit nicht. Selten gibt es Überraschungen. Sie können den Chef gut einschätzen und vice versa.

Genauso ist es mit vielen Kunden – auch einzelne Kundenbeziehungen sind häufig über Jahrzehnte gewachsen und werden gepflegt wie Freundschaften.


Mit einher geht ein stark personenbezogenes Verständnis der Unternehmensführung. Sie wird als etwas verstanden, das man mit der Muttermilch aufgesogen hat und nicht erst erlernen muss, sich also auch nicht systematisch entwickelt. Führung ist für die Nachfolger oft ein Nebenjob, bei dem Improvisation und Intuition Regie führen.


Diese Art zu führen, funktioniert in Familienunternehmen oft seit Generationen. Doch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Arbeitswelt haben sich besonders in den vergangenen zwei Jahren stark verändert. Mitarbeiter langfristig ans Unternehmen zu binden, wird für den Betrieb immer schwieriger.

Globalisierung, Digitalisierung, demografischer und gesellschaftlicher Wandel dominieren die Arbeitswelt. Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben wird immer wichtiger und neue Kommunikationsformen ermöglichen zeitliche und örtliche Flexibilität. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, aufgrund dessen Unternehmer nicht aus einer Schar an Bewerbern wählen können. Diese komplexe neue Arbeitswelt erfordert moderne Führungsansätze mit ganz anderen Strukturen.


Wie kann ein Familienbetrieb mit seinen über Generationen gewachsenen Strukturen daran anschließen? Sind die Patriarchen bereit, sich den Veränderungen in ihren Unternehmen zu stellen? Welche Konflikte ergeben sich daraus zwischen alter und neuer Generation? Moderne Führungsansätze werden von Unternehmenspatriarchen oft abgelehnt, während die junge Generation manchmal vielleicht zu schnell dazu bereit ist, Werte und gewachsene Strukturen aufzugeben. Auch langjährige Mitarbeiter können mit der raschen Veränderung oft nicht mithalten und werden verunsichert.

In größeren Organisationen sind sich rasch verändernde Strukturen alltägliche Vorgänge, die in Familienunternehmen hingegen schwerer zu akzeptieren und damit zu adaptieren sind. Nicht nur von der alten Generation - von vielen Beteiligten. Doch, wer nichts verändern will, ist auch nicht davor gefeit, das zu verlieren, was er bewahren möchte.


Ich komme selbst aus einem Familienunternehmen, das seit 1755 von einer Generation an die nächste übergeben wird. In unserem Betrieb hat der Generationswechsel von meinen Eltern auf uns Geschwister bereits erfolgreich stattgefunden. Ein Prozess, der sich über viele Jahre gezogen hat. Als Autorin schreibe ich seit 2012 Bücher für Familienunternehmen und bekomme tiefe Einblicke in Familien und ihre Betriebe. 2021/22 habe ich an der Coaching Akademie Berlin die Ausbildung zum systemischen Personal- und Businesscoach absolviert und mich dabei Lösungsansätzen beim Generationswechsel und der Nachfolge gewidmet.

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