Jeder kennt sie, die Metapher mit der Asche und dem Feuer: "Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche".
Tatsächlich ist Tradition ein wesentlicher Erfolgsfaktor bzw. Treiber für den Erfolg vieler Familienbetriebe. Familienbetriebe besitzen ein unternehmerisches Erbe: gemeinsame Ansichten und Werte in Bezug auf das Unternehmertum, der starke Fortbestandswille, der Fokus auf langfristige statt kurzfristiger Erfolge und - vor allem in ländlichen Regionen - die Verbundenheit zu Mitarbeitern, die häufig weit über die Arbeitszeit hinausreicht. Letzteres wird nicht selten dadurch belohnt, dass Mitarbeiter von Familienbetrieben eine ausgeprägte Loyalität zum Unternehmen und seinen Eigentümern aufweisen.
Diese Ansichten entstehen durch Prägungen, die Familien im Laufe der Firmengeschichte gesammelt haben. Das unternehmerische Erbe von Familienunternehmen beeinflusst deren Fähigkeit, Bestehendes zu verbessern und gleichzeitig Neues zu erkunden. Dass der Generationswechsel im Betrieb funktioniert, entscheidet über Erfolg oder Misserfolg, Sein oder Nichtsein eines Unternehmens. Dieser ist meist auch die größte Sorge eines Familienunternehmers, die ihn von dem Tag an, an dem er selbst das Zepter in die Hand nimmt, begleitet. Deshalb ist ein gelungener Generationswechsel auch keine Sache, die am Tag X über die Bühne geht, sondern ein Prozess, der sich über Jahre bzw. Jahrzehnte erstreckt. Der innerfamiliäre Generationswechsel ist vor allem eine Sache der Erziehung der Eltern bzw. der Ausbildung des Nachwuchses. Immerhin finden hierzulande 55 Prozent aller Übergaben familienintern statt. 6500 Übergaben gibt es laut WKO in Österreich jedes Jahr. Eine gelungene Firmenübergabe ist also auch volkswirtschaftlich relevant.
Leider gibt es kein Patentrezept dafür, wie der Generationswechsel erfolgreich über die Bühne gebracht werden kann. Und wahrscheinlich wird es ein solches auch nie geben, denn Erfolg und Misserfolg hängen an den involvierten Menschen. Und jeder weiß, wie sehr es in Familien "menschelt" - unterschiedliche Charaktere und Begehrlichkeiten unter einen Hut zu bringen ist eine Meisterleistung, die nicht selten zum Himmelfahrtskommando werden kann. Aber es gibt viele systemische Ansätze, Lösungen zu finden, damit alle beteiligten Personen am Ende zufrieden sind. Die Liste der erfolgreichen Generationswechsel ist wahrscheinlich gleich lang, wie jene der missglückten.
Bei der Unternehmensnachfolge vertrauen die Unternehmen zurecht, auf Steuerberater, Wirtschaftstreuhänder, Anwälte und Notare. Die Rolle des Coaches, der sich um die Begehrlichkeiten der einzelnen Familienmitglieder kümmert, kommt leider oft zu kurz. Dabei kümmert sich der Coach zielgerichtet auf die gewünschte Lösung. Und zwar jene für die involvierten Personen.
Dieser Blog bricht eine Lanze dafür, den beteiligten Personen beim Generationswechsel genau so viel Aufmerksamkeit zu schenken, wie dem Unternehmen selbst.
Ich komme selbst aus einem Familienunternehmen, das seit 1755 von einer Generation an die nächste übergeben wird. In unserem Betrieb hat der Generationswechsel von meinen Eltern auf uns Geschwister bereits erfolgreich stattgefunden. Ein Prozess, der sich über viele Jahre gezogen hat. Als Autorin schreibe ich seit 2012 Bücher für Familienunternehmen und bekomme tiefe Einblicke in Familien und ihre Betriebe. 2021/22 habe ich an der Coaching Akademie Berlin die Ausbildung zum systemischen Personal- und Businesscoach absolviert und mich dabei Lösungsansätzen beim Generationswechsel und der Nachfolge gewidmet.
Großes Thema, große Aufgabe … kaum jemand ist berufener als du, Anna ✅ Alles Gute! Gerhard Seifried