Die Besetzung eines Familienunternehmens mit einem externen Manager erfordert viel Fingerspitzengefühl. Ein transparenter Prozess, der viel Kommunikation erfordert – zwischen der Familie, dem neuen Manager und den Mitarbeitern.
Eine der wichtigsten Aufgaben eines Familienunternehmers ist es, das Unternehmen in die nächste Generation zu führen. Die Übergabe innerhalb der Familie war lange Zeit die üblichste Form der Nachfolge. Das gilt bis zu einer gewissen Unternehmensgröße immer noch. Auch, weil ein familienfremder Manager vielerorts als unliebsame Notlösung angesehen wird. Doch immer häufiger fällt die nächste Generation aus, ein unternehmensfremder Manager übernimmt das Ruder und die Familie zieht sich in den Beirat, den Aufsichtsrat oder ein sonstiges Kontrollgremium zurück.
Die Gründe für externe Geschäftsführer können vielfältig sein: Aus der Familie interessiert sich keiner für den Betrieb bzw. es ist keiner für die Nachfolge geeignet; aus der Familie interessieren sich zu viele dafür und es kommt zu familieninternen Konflikten; das Unternehmen ist in Schieflage geraten und braucht einen Sanierer oder das Unternehmen befindet sich in einem Transformationsprozess ohne passender Fachexpertise. In Zeiten des stetigen Wandels und der Digitalisierung ist letzteres ein nicht vernachlässigbarer Faktor. (siehe dazu Blog: Ist der Nachwuchs überhaupt geeignet)
Familienfremde als Geschäftsführer zu etablieren, birgt gewisse Risiken in sich. Und zwar für alle Seiten: die Unternehmerfamilie, den externen Geschäftsführer und die Mitarbeiter.
Die Herausforderung ist es, den Charakter eines Familienbetriebes zu bewahren und das Unternehmen im Sinne der Unternehmerfamilie weiterzuführen. Dafür bedarf es sehr, sehr viel Fingerspitzengefühl und es ist insbesondere dann herausfordernd, wenn zum allerersten Mal eine familienfremde Person als Geschäftsführer eines Familienunternehmens eingesetzt wird und kein Familienmitglied eine operative Position im Unternehmen bekleidet.
Eine externe Geschäftsführung kann eine Revolution im Familienunternehmen auslösen – erfolgreich ist sie aber nur mit sorgfältiger Planung, größtmöglicher Transparenz und klarer Kommunikation.
Die Unterstützung der Familie ist dafür entscheidend. Ohne ihre Rückendeckung wird der neue Geschäftsführer notwendige Veränderungen schwer durchsetzen und auch das Vertrauen der Belegschaft nicht gewinnen können. Die am Unternehmen beteiligte Familie sollte also schon frühzeitig in den Auswahlprozess einbezogen werden, um sicherzustellen, dass alle hinter dieser Entscheidung stehen. Das bedeutet auch, alle Meinungen und Ängste ernst zu nehmen, denn nur so kann Vertrauen aufgebaut und Widerstand der Familie überwunden werden.
Der Wechsel von einer patriarchalisch geführten Geschäftsführung zu einer externen ist eine signifikante Veränderung für ein Unternehmen. Der Familienunternehmer hat den Betrieb über Jahre geführt und geprägt und seine Abwesenheit hinterlässt eine Lücke. Nicht nur operativ, sondern auch emotional und kulturell. Neue Führungskonzepte und andere Herangehensweisen in der Unternehmensführung stehen meist im krassen Gegensatz zu generationenlang etablierten Traditionen im Betrieb. Diese Diskrepanz kann nicht nur bei der Eigentümerfamilie, sondern auch bei den Mitarbeitern zu Widerständen und Unsicherheiten führen.
Zieht sich die Familie in eine Kontrollfunktion zurück, entsteht auch für sie eine neue Situation. Die Nachfolger müssen lernen, ihre Rolle mit einer nötigen Distanz zur operativen Führung professionell auszufüllen. Dazu muss die Rolle aller Beteiligten klar definiert werden. Das bedeutet vor allem, dass Familienmitglieder verstehen und akzeptieren, dass eine kontrollierende Rolle keine operative, geschäftsführende Rolle ist. Konflikte entstehen hier vor allem, wenn einzelne Familienmitglieder starke Meinungen zur operativen Führung haben, weil sie davor beispielsweise im Betrieb tätig waren. Auch die emotionale Komponente des mangelnden Loslassens des Übergebers ist dabei auf keinen Fall zu unterschätzen. Sein Commitment entscheidet über Erfolg oder Misserfolg des neuen Managers. Deshalb müssen klare Kommunikationswege und Entscheidungsprozesse etabliert werden.
Das gilt auch für den Umgang mit Mitarbeitern. Auch ihnen gegenüber muss klar kommuniziert werden, dass Familienmitglieder, die sie mitunter seit Jahren kennen und im Haus ein und aus gehen, keine operativen Entscheidungen (mehr) zu treffen haben. Dazu sollte der externe Geschäftsführer sich am besten im Beisein der Familie der Belegschaft vorstellen und seine Visionen und Pläne für den Betrieb präsentieren können. Operative und strategische Aufgaben müssen klar definiert werden, um Machtkämpfe zu vermeiden. Dazu zählen auch Regeln, wie mit Mitarbeitern umgegangen werden soll und wie die Beschäftigung von Familienmitgliedern (wenn auch nur für Sommerpraktika) geregelt ist.
Eine Familienverfassung/Corporate Governance kann hier klare Rahmenbedingungen schaffen. (siehe dazu meinen Blog: Familienverfassung – der Weg ist das Ziel)
Dort kann auch ein genaues Anforderungsprofil für eine externe Geschäftsführung geregelt werden. Dieses Profil sollte nicht nur die Anforderungen des Unternehmens an den Kandidaten berücksichtigen, sondern auch die Erwartungen der Familie. Und diese gehen meist weit über die Wachstumsziele, Ausschüttungen und Unabhängigkeit hinaus. Vorgaben im Bezug auf Tradition, Werte, die Bedeutung des Unternehmens für den Zusammenhalt der Familie und den Sinn des Unternehmens als solches sollten vorab geklärt werden. (Siehe dazu Blog: Purpose Management: Cui bono?)
Ein externer Manager kann ein gutes Bindeglied zwischen verschiedenen Generationen oder verschiedenen Familienstämmen sein und kann mit seiner objektiven Perspektive als Moderator fungieren. Neben der fachlichen Qualifikation, empfiehlt es sich, auf einen Kandidaten zu setzen, der die Fähigkeit besitzt, sich an familiäre Unternehmenskulturen anzupassen. Um die Akzeptanz aller am Unternehmen beteiligten Familienmitglieder zu gewährleisten, ist ein professioneller und transparenter Auswahlprozess erfolgsentscheidend. Durch gezieltes Coaching können Konflikte frühzeitig entschärft werden. Für den externen Manager kann die Führung eines Familienunternehmens auch eine schöne Bereicherung sein, denn das Wesen eines solchen ist, dass der Erfolg der Unternehmensführung nicht nur an der finanziellen Performance gemessen wird, sondern meist die soziale Komponente und die Verbundenheit zur Region einen überproportional hohen Stellenwert einnehmen.
So kann sichergestellt werden, dass die Familie dem externen Manager vertraut. Und nur so kann sich die Unternehmerfamilie wiederum darauf verlassen, dass der Fremde das Familienunternehmen in ihrem Sinne weiterentwickelt und dem langfristigen Unternehmensziel wohl jedes Familienbetriebes genüge tut – nämlich die erfolgreiche Übergabe an die übernächste Generation.
Quellen:
Neumüller Marco, Patriarchen auf dem Rückzug: Die riskante Wette auf familienfremde Geschäftsführer. In: Familienunternehmen im Fokus
Verfürth Claus, Unternehmensnachfolge im Familienunternehmen.
Gastkommentar, Bankhaus Spängler, Familienfremde Führungskräfte im Familienunternehmen. In: Die Presse
Ich komme selbst aus einem Familienunternehmen, das seit 1755 von einer Generation an die nächste übergeben wird. In unserem Betrieb hat der Generationswechsel von meinen Eltern auf mich und meine drei Geschwister bereits erfolgreich stattgefunden. Ein Prozess, der sich über viele Jahre gezogen hat. Als Autorin schreibe ich seit 2012 Bücher für Familienunternehmen und bekomme tiefe Einblicke in Familien und ihre Betriebe. Zudem habe ich an der Coaching Akademie Berlin die Ausbildung zum systemischen Personal- und Businesscoach absolviert und mich dabei Lösungsansätzen beim Generationswechsel und der Nachfolge gewidmet. Seit dem unterstütze ich Familienunternehmer als Sparringpartner und systemischer Coach.
sehr guter Blog, sehr hilfreich..,Gratulation und vielen Dank !